Friday, October 18, 2024
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Die Non-Performing-Loan-(NPL)-Krise ist da

Gewerbliche Immobilienfinanzierungen drohen auszufallen

Wir haben uns diese Woche mit den aktuellen Herausforderungen auf dem deutschen Gewerbeimmobilienmarkt befasst, insbesondere im Kontext der drohenden Non-Performing-Loan-(NPL)-Krise. Dabei untersuchten wir die Faktoren, die zum Anstieg notleidender Kredite führen, und beleuchteten die Rolle von Banken, Kreditnehmern und Kreditgebern.

Zunächst aber die Definition von Non-Performing Loans (NPLs):

Ein Kredit gilt als notleidend, wenn der Kreditnehmer seine Verpflichtungen nicht mehr erfüllen kann oder sich mehr als 90 Tage im Zahlungsverzug befindet.

Alarmierender Anstieg der NPLs in Deutschland:

Prognosen deuten darauf hin, dass die Zahl der NPLs in den Jahren 2024 und 2025 stark ansteigen wird. Marktteilnehmer, insbesondere Banken, verharren jedoch in einer abwartenden Haltung in der Hoffnung auf eine Markterholung. In Deutschland stehen Projektentwickler und Bauträger derzeit vor großen Herausforderungen. Viele nachrangige/Mezzanine-Kreditgeber werden ihre Engagements abschreiben müssen, und auch für vorrangige Kreditgeber steigt das Risiko. Die Risikofaktoren für die Assetklasse Büro in Deutschland bleiben hoch. Eine ähnlich dynamische Entwicklung wie in den USA ist jedoch unwahrscheinlich.

Sowohl für Banken als auch für potenzielle Verkäufer ist eine abwartende Haltung derzeit die bevorzugte Option – vor allem um deutliche Kursabschläge zu vermeiden und die (noch) bestehende Hoffnung auf eine Markterholung aufrechtzuerhalten. Kreditverkäufe nehmen jedoch zu und werden sich zunehmend als valide Option in Krisensituationen etablieren. Die damit verbundenen Verkäufe könnten zu einer grundlegenden Belebung des Immobilientransaktionsmarktes führen. Trotz der steigenden Zahl notleidender Kredite ist es bislang noch nicht zu einer signifikanten Verkaufswelle gekommen. Regulierung und Aufsicht werden den Handlungsdruck der Marktteilnehmer jedoch bald erhöhen.

Makroökonomische Faktoren spielen eine entscheidende Rolle:

Faktoren wie steigende Zinsen, Inflation, Transaktionsvolumen, Immobilienwerte, gestiegene Baukosten und die allgemeine wirtschaftliche Lage erhöhen das Risiko von Kreditausfällen. Seit 2021 sind sowohl Inflation als auch Zinsen stark gestiegen, was viele Kreditnehmer, insbesondere im Gewerbeimmobiliensektor, unter Druck setzt.

Um zu verstehen, ob es zu einer Welle notleidender Kredite in der deutschen gewerblichen Immobilienfinanzierung kommen wird, müssen die Faktoren untersucht werden, die zur gegenwärtigen Krise am Immobilienmarkt beigetragen haben. Die Hauptfaktoren, die zum Anstieg des NPL-Volumens im Immobiliensektor beigetragen haben, lassen sich wie folgt zusammenfassen:

– Schlüsselfaktoren (einschließlich Regulierung, Aufsicht, Heimarbeit oder Online-Shopping)
– Entwicklung der Immobilienwerte
– Immobilientransaktionsmarkt
– Konjunkturelle Schwankungen
– Inflations- und Zinsentwicklung

Erschwerende Faktoren für Immobilienwerte und Finanzierung:

Sinkende Immobilienwerte führen zu einem erhöhten Risiko für bestehende Kredite, da die Loan-to-Value-Ratio (LTV) steigt, was bedeutet, dass das Verhältnis von Kredit zu Immobilienwert zunehmend problematisch wird.

Wissenschaftliche Erkenntnisse aus verschiedenen Studien verdeutlichen einen komplexen Zusammenhang zwischen dem NPL-Volumen und einer Vielzahl makroökonomischer Indikatoren. Signifikante Korrelationen zeigen sich insbesondere in Bezug auf das allgemeine Zinsniveau, das Realeinkommen, die wirtschaftliche Stabilität eines Landes und die aktuelle Inflationsrate.

Studien, die ausgewählte Märkte wie die Türkei analysierten, haben eine signifikante positive Korrelation zwischen dem Zinssatz, dem gesamten Kreditvolumen und dem NPL-Volumen gezeigt. Weitere Studien belegen, dass sowohl das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als auch die Arbeitslosenquote einen signifikanten Einfluss auf das NPL-Volumen haben. Neben einer negativen Korrelation mit dem BIP konnte auch eine positive Korrelation mit der Arbeitslosenquote beobachtet werden. Ähnliche signifikante negative Korrelationen zwischen dem BIP und dem NPL-Volumen wurden auch in anderen Ländern wie Malaysia festgestellt.

Liquiditätsprobleme

Höhere Inflation und steigende Zinsen führen zu Liquiditätsproblemen. Inflation treibt Mieten, Verwaltungskosten und Bauausgaben in die Höhe, verringert Kapitalpuffer und erhöht das Risiko notleidender Kredite (NPLs). Gleichzeitig steigen durch höhere Zinsen die Finanzierungskosten, was das Amortisierungspotenzial mindert und das Kreditausfallrisiko erhöht. Der starke Anstieg der Inflation seit Anfang 2021 ist auf die historisch exponentielle Erhöhung der Geldmenge durch die Notenbanken und die Warenknappheit infolge des Ukraine-Konflikts zurückzuführen. Steigende Energiekosten belasten die Verwaltungskosten, was die Kapitalpuffer weiter verringert und das Risiko von NPLs, insbesondere bei langfristigen Festzinsdarlehen auf niedrigem Niveau, erhöht.

Auch die Zinsentwicklung hat einen erheblichen Einfluss auf den Immobilienmarkt. Ein steigender Leitzins verursacht Liquiditätsengpässe und setzt Abschreibungspotenziale frei. Der Anstieg der Finanzierungszinsen belastet Kreditnehmer und erhöht das Risiko eines Kreditausfalls, insbesondere bei Krediten mit variablem Zinssatz oder auslaufender Zinsbindung. Die Finanzkrise 2007/2008 führte zu einer Niedrigzinspolitik, die niedrige Refinanzierungskosten und riskante Finanzierungsstrategien begünstigte. Mit dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie und dem Ukraine-Konflikt stiegen Inflation und Leitzinsen. Der deutsche Leitzins, der Anfang 2022 knapp unter 0,5 % lag, stieg bis Ende 2023 auf 4,5 %.

Während in den letzten Jahren bei Immobilieninvestments noch hohe Nettoanfangsrenditen erzielt werden konnten, waren Immobilien gegenüber niedrig verzinsten zehnjährigen Staatsanleihen die bevorzugte Anlageklasse. Dieser Renditeunterschied hat sich in letzter Zeit verringert, was Immobilien für Investoren deutlich unattraktiver macht.

Sinkende Immobilienwerte stellen für Marktteilnehmer eine zunehmende Herausforderung dar, da die Besicherung von Immobilienfinanzierungen auf Immobilienwerten basiert. Verringern sich die Immobilienwerte im Verhältnis zur nominalen Kreditsumme, steigt die Loan-to-Value-(LTV)-Ratio und damit das Risiko.

In den letzten zehn Jahren haben die Immobilienwerte in Deutschland ein Allzeithoch erreicht, was vor allem auf die veränderte Geldpolitik und die damit verbundenen günstigen Finanzierungsbedingungen zurückzuführen ist. Seit Anfang 2022 stagnieren die Werte in Toplagen und sind nun rückläufig. Begleitet wird diese Entwicklung von deutlichen Wertverlusten in B- und C-Lagen. Besonders stark betroffen ist der Gewerbeimmobiliensektor, insbesondere Objekte mit schlechter Energieeffizienz. Auch der Büroteilmarkt, der sich seit dem Ende der COVID-19-Pandemie im Strukturwandel befindet, ist besonders betroffen.

Die Rolle des LTV bei Immobilienfinanzierungen:

Der LTV gibt das Verhältnis der ausstehenden Kreditsumme zum Immobilienwert an und liegt bei Neufinanzierungen meist zwischen 50 % und 70 %, je nach Assetklasse und Risikostruktur. Bei gewerblichen Immobilienfinanzierungen gibt es vertraglich festgelegte Schwellenwerte, sogenannte Covenants, die eingehalten werden müssen. Steigt der LTV über den vertraglich festgelegten Wert (Covenant-Bruch), muss dieser durch die Zufuhr von neuem Eigenkapital „geheilt“ werden, bis der LTV wieder unter dem festgelegten Schwellenwert liegt.

Derzeit führen sinkende Immobilienwerte vermehrt zu LTV-Covenant-Verletzungen. Kann der Kreditnehmer kein zusätzliches Eigenkapital einbringen, gilt der Kredit als ausfallgefährdet oder befindet sich im Zahlungsverzug. Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass die operative Leistungsfähigkeit der Immobilie beeinträchtigt ist.

Die Immobilientransaktionen in Deutschland sind seit 2023 nahezu zum Erliegen gekommen. Die Einflussfaktoren auf den Immobiliensektor in Deutschland haben erhebliche Auswirkungen auf das Transaktionsvolumen und eine Verschiebung der Nutzungsklassen. Seit Anfang 2022 ist ein Rückgang der Transaktionsvolumina auf dem Immobilientransaktionsmarkt in Deutschland zu verzeichnen. Auch das Jahr 2024 beginnt mit extrem reduzierten Volumina. Diese Entwicklung ist größtenteils auf externe (makroökonomische) Faktoren zurückzuführen, vor allem auf die Zins- und Inflationsentwicklung. Das Transaktionsvolumen reduzierte sich von rund 111 Milliarden Euro im Jahr 2021 auf 80 Milliarden Euro im Jahr 2022 und schließlich auf nur noch 32 Milliarden Euro im Jahr 2023.

Darüber hinaus zeigt die Aufschlüsselung der Immobilientransaktionen nach Nutzungsart eine deutliche Verschiebung von Bürogebäuden hin zu Logistik, Wohnen und Einzelhandel. Während im Jahr 2022 Bürogebäude für den größten Anteil des Transaktionsvolumens des Investmentmarktes verantwortlich waren, hat im Jahr 2023 der Anteil der Assetklassen Logistik, Wohnen und Einzelhandel deutlich zugenommen.

Grundlegende gesellschaftliche Trends stellen insbesondere Büro- und Einzelhandelsimmobilien vor große Herausforderungen. Weitere Schlüsselfaktoren beeinflussen den Immobilienmarkt. Neben den bislang ausführlich betrachteten makroökonomischen Faktoren gibt es eine Vielzahl weiterer Einflussfaktoren, die die Entwicklung auf dem Immobilienmarkt stark beeinflussen. Während die Krise auf den Büromärkten weiterhin anhält, sind im Einzelhandelssektor bereits erste Anzeichen einer Stabilisierung zu erkennen – ein potenzieller Hoffnungsschimmer für den Sektor.

Einzelhandelsimmobilien in der Krise

Der starke Anstieg des Onlinehandels stellt den stationären Einzelhandel vor Herausforderungen. Die Insolvenzwelle im Einzelhandel scheint daher nicht abzuebben. Zwar zeichnet sich nach dem extremen Einbruch durch die Covid-19-Lockdowns aktuell ein Aufwärtstrend ab, doch sowohl Top-Lagen in den Einkaufsstraßen als auch B- und C-Lagen, Warenhäuser und Einkaufszentren sind teilweise noch von hohen Leerständen betroffen. Eine 2023 veröffentlichte PwC-Studie fasst die Situation der Einkaufszentren im Rahmen einer Umfrage wie folgt zusammen:

– 34 % der deutschen Einkaufszentren werden von den Befragten als unhaltbar angesehen.
– 61 % der Befragten gehen in ein Einkaufszentrum, ohne unbedingt etwas zu kaufen.
– Leerstände von 15–20 % sind normal, und bei Neuvermietungen beträgt die Quadratmeterpreisminderung 16 %.

Aus den oben genannten Gründen sind Kreditgeber bei der (Re-)Finanzierung von Einzelhandelsimmobilien deutlich zurückhaltend. Wie bei Büroimmobilien kann es aufgrund hoher Leerstandsquoten, sinkender Mieten und Immobilienwerte zu Kreditausfällen kommen.

Büroimmobilien in der Krise

Eine im Jahr 2023 veröffentlichte Studie zum deutschen Büroteilmarkt bringt im Rahmen einer Befragung unter anderem folgende Erkenntnisse zutage:

– Auch nach der Covid-19-Pandemie arbeiten Arbeitnehmer etwas mehr als die Hälfte ihrer Arbeitswoche von zu Hause aus.
– 78 % der Arbeitgeber planen bereits, ihre Bürofläche in den nächsten Jahren um mehr als 20 % zu reduzieren, um sich an die veränderten Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter anzupassen.
– Demnach sind über 50 % der Büroflächen in Deutschland leer.

Der Büromarkt unterliegt also großen strukturellen Veränderungen. Die Nachfrage nach neuen Büroimmobilien in Top-Lagen, die alle Anforderungen an ESG*, Nachhaltigkeit und Energieeffizienz erfüllen, bleibt jedoch hoch.

Insbesondere ältere, nicht energieeffiziente Büros in B- und C-Lagen geraten unter Druck. Das Risiko ist groß, dass Mietverträge gar nicht oder nur mit deutlicher Flächenreduzierung verlängert werden. Die Ansprüche der Mieter an die Ausstattung sind deutlich gestiegen; um diesen gerecht zu werden, sind größere Investitionen erforderlich, die finanziert werden müssen. Gerade bei älteren Büroimmobilien kann es, wie oben beschrieben, schnell zu einer Schieflage kommen. Die Spirale aus fehlender Neuvermietung, Investitionsstau und der daraus resultierenden Abwertung führt dazu, dass weder eine Refinanzierung noch ein Verkauf ohne deutliche Abschläge möglich ist.

Aufsichtsrecht und Regulierung erhöhen Handlungsbedarf der Kreditgeber

Weitere Schlüsselfaktoren beeinflussen den Immobilienmarkt. Neben den bislang ausführlich betrachteten makroökonomischen Einflussfaktoren gibt es eine Vielzahl weiterer Faktoren, die einen starken Einfluss auf die Entwicklung am Immobilienmarkt haben.

Aufsicht und Regulierung

Die regulatorischen Anforderungen an Banken in der Immobilienfinanzierung werden strenger. Die Leitlinien der EBA (European Banking Authority) zu NPLs geben Richtlinien und Empfehlungen für den Umgang mit notleidenden Krediten durch Banken in der Europäischen Union vor. Diese Leitlinien zielen darauf ab, die Effizienz und Konsistenz des NPL-Managements zu verbessern und die Risiken für Banken zu reduzieren. Hinzu kommt die ordnungsgemäße Umsetzung der Rechnungslegungsstandards im Kreditsektor (IFRS 9*). Um die Umsetzung dieser Leitlinien und Standards zu überwachen, führen die Europäische Zentralbank und die Bundesbank der Bundesrepublik Deutschland zunehmend Vor-Ort-Prüfungen (OSI) bei Finanzinstituten durch, um die bestehenden Risikostrukturen, Bewertungen und Risikokontrollverfahren zu überwachen.

In der jüngeren Vergangenheit lag der Fokus auf den Immobilienkreditbüchern der Finanzinstitute. Intensive Prüfungen und Diskussionen über die Werthaltigkeit der Sicherheiten und der angesetzten Immobilienwerte zwingen die Banken zu einer teilweise signifikanten zusätzlichen Bildung von Einzelwertberichtigungen und letztlich zu schnellerem Handeln. Der aufsichtliche Ansatz ist daher ein treibender Faktor, der zu einer zunehmenden Kategorisierung von Krediten als „Intensivpflegekredite“ und „notleidende Kredite“ führt.

Banken müssen nachhaltige Lösungen für den Umgang mit notleidenden Kreditnehmern präsentieren und ein effizientes Risikomanagement implementieren. Zudem gelten für notleidende Kredite erhöhte Eigenkapitalanforderungen nach Basel II und Basel III**. Bei erhöhten NPL-Quoten werden sich Banken mittelfristig für den Verkauf von Krediten als Strategie entscheiden.

Projektentwickler und Bauunternehmen sind ausfallgefährdet

Warum sind derzeit vor allem Entwickler in Schwierigkeiten? Ein Vergleich mit anderen europäischen Ländern zeigt, dass die Auswirkungen in diesem Bereich in Deutschland besonders gravierend sind. Zu beobachten ist, dass insbesondere Projektentwickler und Bauträger in Deutschland aktuell von den Turbulenzen am Markt betroffen sind, was zu einer steigenden Zahl von Insolvenzen einzelner Projektgesellschaften, aber auch ganzer Unternehmen (Bauträger) führt. Der Umstand, dass die Insolvenzwelle in diesem Bereich vor allem Deutschland trifft, lässt sich damit erklären, dass in der Vergangenheit – im Vergleich zu anderen europäischen Ländern – eine deutsche Besonderheit bestand: Entwicklungen konnten mit wenig oder (fast) keinem Eigenkapital durchgeführt werden. Teilweise komplexe Finanzierungsstrukturen mit Nachrang- oder Mezzanine-Darlehen auf Ebene der Projektgesellschaften und ggf. Schuldscheindarlehen auf Holdingebene machten den weitaus größten Teil der Entwicklungen aus. Auch in der Vergangenheit war das Marktumfeld geprägt von stetig steigenden Immobilienpreisen und nahezu stagnierenden Baukosten. Die Kalkulation der Entwickler, die durch Verkäufe außerordentlich hohe Margen erzielen konnten, ging auf. Auf der Finanzierungsseite konnten die hochverzinslichen, kurzfristigen Nachrang- bzw. Mezzanine-Darlehen aufgrund der hohen Verkaufserlöse ebenfalls bedient werden und boten institutionellen Investoren eine gute Möglichkeit, im Niedrigzinsumfeld eine höhere Rendite zu erzielen. Allerdings stehen Projektentwickler nun vor gestiegenen Baukosten, längeren Bauzeiten und fehlenden Exit-Optionen, verbunden mit laufenden (hohen) Finanzierungskosten bei teilweise außerordentlich komplexen Finanzierungsstrukturen. Junior- und Mezzanine-Tranchen waren im Development-Bereich eher die Regel als die Ausnahme; zudem gibt es teilweise Nachfinanzierungen auf Holding-Ebene, die ebenfalls nicht mehr bedient werden können.

Betroffen sind Großprojekte mit einem Exit-Volumen von über 1 Milliarde Euro, da es an in- und ausländischen (institutionellen) Investoren mangelt, die bisher als Käufer infrage kamen. Auch Bauträger, deren Verkauf von Eigentumswohnungen ins Stocken geraten oder teilweise ganz zum Erliegen gekommen ist, finden derzeit keine Exit-Option oder sichere Refinanzierung.

Das NPL-Volumen steigt

Das Volumen notleidender Kredite in Deutschland steigt. Basierend auf einer im Januar 2024 veröffentlichten Analyse der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) ist das deutsche NPL-Volumen von 31 Milliarden Euro (im September 2022) auf 34 Milliarden Euro zum Berichtsstichtag September 2023 gestiegen. Dies entspricht einem Gesamtanstieg von 9,7 % im Vergleich zum Vorjahr.

Besonders bemerkenswert ist der Anstieg der notleidenden gewerblichen Immobilienkredite (CRE-Kredite) um 56 %. Im September 2023 betrug das Verhältnis der notleidenden CRE-Kredite (9,7 Milliarden Euro) zu allen CRE-Krediten (insgesamt 285 Milliarden Euro) 3,4 %, verglichen mit 2,4 % im September 2022 (mit 6,2 Milliarden Euro CRE-NPLs und 260,3 Milliarden Euro CRE-Krediten insgesamt). Der Anstieg notleidender Gewerbeimmobilienkredite wird sich kurz- bis mittelfristig beschleunigen und zu einer Welle notleidender Kredite führen.

Die notleidenden Immobilienkredite für Wohnimmobilien beliefen sich zum September 2023 auf 2,8 Milliarden Euro und verzeichneten im Vergleich zum Vorjahr sogar einen leichten Rückgang von 100 Millionen Euro. Im privaten Immobiliensektor herrscht Stabilität, während der gewerbliche Markt und der Bausektor in Form von Abschreibungen unter den Folgen veränderter makroökonomischer Bedingungen leiden. Die Stabilität lässt sich vor allem dadurch erklären, dass private Wohnimmobilien zurückgezahlt werden und die verbleibende Restschuld nach Ablauf der Zinsbindungsfrist deutlich reduziert ist. In den Kreditverträgen sind hierfür keine Wertgrenzen (LTV-Covenants) festgelegt, sodass die daraus resultierenden Probleme aus der gewerblichen Immobilienfinanzierung nicht oder nur in sehr begrenzter Form auftreten.

Es ist mit einem Anstieg des NPL-Volumens in der deutschen gewerblichen Immobilienfinanzierung zu rechnen. Kreditportfolioverkäufe finden (zunächst) nicht statt, aber wir steuern auf eine Situation zu, die mit der Finanzkrise und den Folgejahren vergleichbar ist, in der der Kreditmarkt von einer „NPL-Welle“ mit hohen Kreditportfolioverkäufen geprägt war.

Vor 2007 und während der großen Finanzkrise spielten die Immobilienbranche und insbesondere die Immobilienkreditgeber eine Schlüsselrolle. Die Refinanzierung durch Verbriefungstransaktionen, wie etwa Commercial Mortgage-Backed Securities (CMBS), trug maßgeblich zu Bankinsolvenzen bei. Damals gewährten die Banken Immobilienkredite mit extrem hohen Beleihungsquoten (LTVs von über 80-90 %) ohne zusätzliche Sicherheiten oder Garantien (sogenanntes „Non-Recourse“). Infolge eines rapiden Rückgangs der Immobilienwerte überstieg die Höhe der ausstehenden Schulden den Wert der als Sicherheit verpfändeten Immobilien. Das Eigenkapital der Kreditnehmer war schnell „verbrannt“, was bedeutete, dass die Kreditgeber gleichzeitig Eigentümer einer großen Zahl von Immobilien wurden. Das Ergebnis war eine plötzliche Welle von NPL-Verkäufen, da die Banken ihre Portfolios bereinigen konnten oder mussten. Investoren kauften die NPL-Portfolios und profitierten in den Folgejahren (teilweise nach erheblichen Capex-Investitionen und Asset-Management-Maßnahmen) von der positiven Performance.

Mit einem Anstieg des NPL-Volumens in der gewerblichen Immobilienfinanzierung ist aufgrund der sich verschärfenden Einflussfaktoren am Immobilienmarkt zu rechnen. Eine Welle von NPL-Portfolioverkäufen mit massiven Kreditportfolioverkäufen, wie wir sie während und nach der Finanzkrise 2007/2008 erlebt haben, ist allerdings nicht in Sicht. In der Vergangenheit waren traditionelle vorrangige Kreditgeber deutlich risikoaverser als vor der Finanzkrise, was einen signifikanten Unterschied darstellt.

Ein Blick auf die Jahre 2007/2008 zeigt, dass das NPL-Volumen zeitverzögert reagierte und erst zwischen 2012 und 2014 stark anstieg. Insbesondere im Immobiliensektor werden die Auswirkungen der aktuellen Wirtschaftslage erst mit Verzögerung sichtbar, da die Immobilienmärkte vergleichsweise langsam auf makroökonomische Veränderungen reagieren.

Infolgedessen dürfte sich auch der Anstieg des Volumens notleidender Immobilienfinanzierungen verzögern. Darüber hinaus haben die Änderungen der regulatorischen Rahmenbedingungen nach der großen Finanzkrise zu restriktiveren Kreditvergabeprozessen und deutlich niedrigeren LTVs geführt. Die Aufsichtsbehörden verpflichteten die Banken, für vergebene Kredite mehr Eigenkapital vorzuhalten. Dieser Unterschied zur Ausgangssituation während der großen Finanzkrise ist signifikant und sollte einen massiven Anstieg des NPL-Volumens in Zukunft verhindern.

Ein weiterer wesentlicher Faktor, der die aktuelle Situation von der großen Finanzkrise unterscheidet, ist, dass die vorrangig besicherten Kreditgeber noch keine Notwendigkeit sehen, ihre Kredite zu verkaufen. Aufgrund der eingetragenen Grundschulden und eines (noch) höheren Immobilienwertes als die Forderung besteht kein Handlungsbedarf. Die nachrangigen oder Mezzanine-Kreditgeber sehen sich möglicherweise gezwungen, kurzfristig nach gemeinsamen Lösungsmöglichkeiten zu suchen. Ein Kreditverkauf ist für sie in den meisten Fällen jedoch auch noch keine Option.

Fazit
Der Anstieg der notleidenden gewerblichen Immobilienkredite in Deutschland ist ein besorgniserregendes Signal, das auf die Herausforderungen im Immobilienmarkt hinweist. Mit einem Anstieg von 56 % im Jahr 2023 und einem aktuellen Anteil von 3,4 % am Gesamtvolumen der CRE-Kredite wird deutlich, dass der gewerbliche Sektor unter dem Druck veränderter makroökonomischer Bedingungen leidet. Im Gegensatz dazu zeigt der private Wohnimmobilienmarkt Stabilität, da hier Rückzahlungen und niedrigere Restschulden zu einer besseren Risikosituation führen.

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